Boss Tweed, Thomas Nast

Korruption wird belohnt

Zeigt ein Kind das erwünschte Verhalten, lassen wir Konsequenzen folgen: Wir belohnen es. Handelt es gegen die Regeln, lassen wir ebenfalls Konsequenzen folgen: Strafe. Dabei wenden wir ein einfaches Prinzip der Lernpsychologie an. Dieses besagt:

Belohnungen verstärken einen Lernprozess positiv.

Korruption in Politik und Wirtschaft wird selten abgestraft. Ganz im Gegenteil. Korruption wird sogar häufig dadurch belohnt, dass der Tatbestand als Kavaliersdelikt behandelt wird. Die Akteure ziehen sich meistens elegant aus der Affäre. Sie bleiben in Amt und Würden. Sie erhalten weiterhin üppige Bezüge und den Zuspruch ihrer Klientel.

Korruption wird nicht abgestraft

So lange Korruption nicht abgestraft, sondern vielmehr "belohnt" wird, ist die Lernerfahrung der Akteure,

  1. dass alles nicht so schlimm war,

  2. dass diese Strategie erfolgreich ist und

  3. dass man das nächste Mal nur vielleicht etwas vorsichtiger sein sollte.

Perfektionierung korrupter Systeme

Das ist eine fatale Entwicklung. Sie führt beinahe zwangsläufig zur Perfektionierung korrupter Strategien und Systeme. Die Adepten der Macht lernen am „erfolgreichen Modell“. Selbst auf gravierende Fehlleistungen und auf Verstöße gegen die guten Sitten folgen keine ernst zu nehmenden Konsequenzen. Die Handelnden werden nicht zur Verantwortung gezogen. Sie verschwinden bestenfalls eine Zeit lang hinter den Kulissen. Ein echtes Risiko (mit dem beispielsweise die hohen Aufwandsentschädigungen der CEOs gerne gerechtfertigt werden) tragen diese Entscheider nicht. Selbst bei Fehlentscheidungen, die sie öffentlich untragbar machen, werden sie mit goldenen Handschlag verabschiedet.

Menschen machen Fehler

Bevor wir aber leichtfertig und pauschal urteilen, sollten wir bedenken: Politiker und Manager sind auch nur Menschen. Und wir müssen uns auch selbst an die eigene Nase fassen: Warum vertrauen wir diesen fehlbaren Menschen unser Schicksal an? Warum nehmen wir es nicht selbst in die Hand?