Streit

Erziehung zum Respekt 

Wenn ein Kind respektlos behandelt wird, gedemütigt, in seinen Bedürfnissen und Lebensäußerungen nicht beachtet, nicht ernst genommen, gekränkt wird, seelisch immer wieder verletzt wird, kann es keine Ich-Stärke entwickeln. Es wird bald versuchen, andere zu dominieren. Es wird sich aufwerten, indem es andere abwertet. Es wird sich anderen Gegenüber ebenso respektlos verhalten, wie es selbst respektlos behandelt wurde.

Das liegt vor allem daran, dass ihm die Fähigkeit zur Empathie fehlt. Ein Kind, das immer wieder verletzt wird, spaltet sich mit der Zeit von seinen Gefühlen ab. Es kann auch nicht lernen, einen Perspektivwechsel einzunehmen. Mit seinem Gegenüber mitzufühlen. So wie viele Eltern das Leid ihrer eigenen Kinder nicht spüren können – weil sie ihr eigenes Leid nicht spüren können.

Respekt hat immer auch mit Mitgefühl zu tun. Denn wenn ich spüre, dass ich jemanden mit meinen Worten verletze, werde ich solche Respektlosigkeiten unterlassen. Ein Kind kann nur dann eine respektvolle Haltung entwickeln, wenn wir ihm Respekt entgegenbringen. Von Anfang an und kontinuierlich.

Eine gute und stabile Bindung, Respekt und Anerkennung, Wertschätzung und Empathie sind die Grundlagen einer Erziehung zur Ich-Stärke, zu einer respektvollen Haltung. Ein ich-starkes, selbstbewusstes Kind, das emotional geborgen in sich ruht, das seine Grenzen kennt und Nein sagen kann, wird nicht so leicht aus dem Gleichgewicht geraten. Und wenn es konsequent mit solchen Werten erzogen wird, wenn ihm diese Werte auch vorgelebt werden, wird es diese Werte auch selbst leben und weitergeben.

Lernen am Modell

Kinder lernen vorwiegend am Modell. Sie kopieren ihre Vorbilder und das sind zunächst einmal überwiegend die Eltern. Das Beobachten eines Modells kann dazu führen, dass neue Verhaltensweisen erlernt werden, dass die Hemmschwelle für bereits vorhandene Verhaltensweisen steigt oder sinkt und es kann dazu führen, dass bestehendes Verhalten ausgelöst wird.

Wir sollten uns bewusst sein, dass wir Vorbilder sind. Wir sollten uns und unser Verhalten deswegen immer wieder selbst reflektieren: Treten wir dem Kind, treten wir anderen Menschen mit Respekt gegenüber? Pflege ich selbst eine faire Streitkultur, zum Beispiel innerhalb der Familie? Lasse ich andere zu Wort kommen, höre ich aktiv zu? Gelingt es mir, positive Werte zu vermitteln?

Autorität und Hierarchie

Auch ein Erziehungsmodell, bei dem die Kinder wie gleichwertige Partner behandelt werden, kann zu einem Mangel an Respekt beitragen. Es besteht eine natürliche Hierarchie zwischen Eltern und Kindern. Eltern sind diejenigen, die bestimmen und steuern, ihre Kinder führen und anleiten. Kinder sind die Schutzbedürftigen in dieser Hierarchie. Sie brauchen Hilfen zur Orientierung und Anleitung durch die Eltern. Im Sinne von Erziehung. Das setzt voraus, dass Kinder die Autorität der Eltern anerkennen. Kinder sollten lernen, die Autorität der Eltern zu respektieren. Das heißt auch, dass auf Fehlverhalten Konsequenzen folgen müssen.

Wenn Eltern sich umgekehrt von ihren Kindern steuern und bestimmen lassen, wird das Eltern-Kind-Verhältnis, die Hierarchie, auf den Kopf gestellt. Diese Kinder gewinnen kein Vertrauen in Autoritäten, in Respektspersonen. Sie werden die Grenzen nicht achten. Sie werden später auch die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln einer Gesellschaft missachten.