Schwarze Katze

Magie im Alltag – wie wir unser Leben verzaubern

Haben Sie auch einen IT-Spezialisten im Bekanntenkreis, der seine Computer regelmäßig mit Weihwasser besprenkelt, um die bösen Dämonen daraus zu vertreiben? Oder eine Sportlerin, die vor dem Wettkampf dreimal auf Holz klopft? Im Grunde steckt in fast jedem von uns ein Zauberlehrling oder eine kleine Hexe. Dazu muss man noch nicht einmal besonders esoterisch oder abergläubisch sein.

Wir tun es jeden Tag. Meistens sogar, ohne es selbst zu bemerken. Es sind die vielen kleinen und meistens sogar ganz und gar unbewussten Gesten und Sprüche, mit denen wir die Welt verzaubern. Magische Symbole sprechen uns an - nicht auf einer bewussten oder rationalen Ebene. Sie berühren etwas viel tieferes in uns: Kollektive Erinnerungen an etwas sehr archaisches, manchmal längst vergessenes. Ein bisschen Magie und die zauberhaften Rituale des Alltags – das gehört offenbar zum Menschsein wie Essen und Trinken.

Zerbrechliches Glück

Viele der kleinen Alltags-Hexereien passieren uns fast automatisch: Wir klopfen auf Holz und spucken über die Schulter, ohne groß darüber nachzudenken. Auch beim Essen und Trinken zelebrieren wir ständig kleine magische Rituale: Wir lassen die Korken knallen und an besonderen Tagen auch ein Feuerwerk. Wir stoßen mit Bier oder Wein an und wünschen dem anderen Wohlsein. Wir richten das Messer beim Essen nicht mit der Spitze auf andere. Obwohl die Zeiten, bei denen Menschen an der Tafel durch Messerstechereien zu Tode kamen, schon lange vorbei sind. Wir verschenken auch keine Messer. Das Schenken von Salz und Brot gilt dagegen als freundliche Geste und Segen für das neue Heim. Auch wenn Glas klirrend am Boden zersplittert, werten viele das als glückliches Omen. Zum Beispiel beim Polterabend. Geht jedoch ein Spiegel zu Bruch, malt gewiss eine Unke den Teufel an die Wand und beschwört sieben Jahre Pech herauf.

Macht der Symbole

Wir laufen nicht gerne unter einer Leiter durch - ohne so recht zu wissen, warum. Ein Hufeisen über der Tür dagegen deuten wir als Glückssymbol. Auch die Begegnung mit einem Kaminkehrer stimmt uns fröhlich. Das vierblättrige Kleeblatt gilt als Glücksbringer, die schwarze Katze, die unseren Weg kreuzt, macht uns eher stutzig. Und - viele von uns tragen sogar ständig magische Symbole mit sich herum – Anhänger zum Beispiel. Oder den Ehering.

Verdammt, verflixt, verflucht!

Unsere Redewendungen sind gespickt mit magischen Anspielungen: Wir „hatten Schwein“ und wünschen anderen „Hals- und Beinbruch!“ Wir fluchen, was das Zeug hält, und machen uns dabei nur selten die ursprüngliche Bedeutung unserer Worte klar. Oder die Tatsache, dass für den Verdacht der Zauberei noch bis kurzem Menschen verbrannt wurden. Bewusst wird uns die Magie des Alltags bestenfalls im Flugzeug, wenn auf dem Ticket Reihe 12 oder 14 steht. Eine Reihe 13 gibt es meistens nicht. Weil so viele damit ungute Gefühle verbinden. Auch wenn ein Freitag auf den 13. fällt ist das regelmäßig Anlass für düstere Gedankenspiele.

Die Geister, die wir rufen

All diese scheinbar so magischen Dinge haben ganz reale Hintergründe. Sie sind fest verankert im überlieferten Volksglauben und in althergebrachten Vorstellungen, deren Bedeutung man heute gar nicht mehr so genau kennt:

Im Spiegel lebte demnach die Seele dessen, der hineinblickte. Sie bricht mit den Scherben und braucht sieben Jahre, um zu heilen. Das Seelenheil war damals ohnehin sehr gefährdet und es gab eine Vielzahl von Bräuchen, die dabei helfen sollten, die Bedrohungen aus der Geisterwelt abzuwenden. Zum Beispiel durch Lärm:

Lautes Poltern und Knallen verscheuchte die Dämonen ebenso wie Gläserklirren und Harfenklänge. Marco Polo berichtete in seinen Reiseschilderungen, dass die Musiker am Hofe des Kublai Khan in Peking ihre Instrumente solange erklingen ließen, wie der Kaiser trank. Weil mit dem Alkohol auch die Geister leichtes Spiel hätten, so glaubte man. Das Anstoßen mit Trinkgläsern ist also nichts anderes als der verkümmerte Rest einer alten Sitte.

Auch mit Redensarten wie "Hals und Beinbruch" foppte man die Dämonen: Man gab sie zum Beispiel Reisenden mit auf den Weg, damit die Geister glaubten, er sei bereits verwunschen.

Gottes Segen und Teufelswerk

Eva soll aus dem Paradies ein vierblättriges Kleeblatt mitgenommen haben und die schwarze Katze galt als klassisches Haustier der Hexen. Der Eber war das heilige Tier der Germanen und ein Schweinehalter konnte sich schon deswegen glücklich schätzen, weil so ein Ferkelchen lediglich Abfälle fraß und dabei zu einem fetten Schmaus heranreifte, der sich in der Not mit barer Münze aufwiegen ließ.

Auch die Zahl 12 galt als heilig: zweimal 12 Stunden hat der Tag, 12 Monate das Jahr und 12 Apostel scharte Jesus um sich. Beim letzten Abendmahl saßen jedoch 13 Menschen am Tisch. Das "Dutzend des Teufels" war voll, denn der Satan wurde auch "der Dreizehnte" genannt.

Göttlich war dagegen das heilige Salz der Erde. Es war überaus kostbar und galt daher im alten Babylon als „Speise der großen Götter“. Man reichte es nach arabischer Sitte beim Einzug mit Brot auf der Schwelle zur neuen Behausung, denn es symbolisiert sowohl Reichtum als auch Dauerhaftigkeit. Schon deswegen weil es lange die einzig bekannte Methode zur Konservierung von Lebensmitteln war.

Auch der Raum unter der Leiter ist heilig, denn sie bildet mit Wand und Boden ein Dreieck. In dieses sollte man nicht eindringen - es ist das magische Symbol der Dreieinigkeit und ein solcher Frevel zieht Unglück nach sich.

Ganz von dieser Welt

Einen ganz handfesten Hintergrund hat der Glücksbringer Schornsteinfeger: Nicht selten richteten Brände im Mittelalter verheerenden Schaden an. Ganze Dörfer und Städte wurden vom Feuer vernichtet. Oft war die Brandursache einfach ein verstopfter Rauchabzug. Kein Wunder also, dass der Beruf des Kaminkehrers hoch angesehen war, denn er sorgte ja nach Kräften dafür, dass das Glück dem Hause erhalten blieb. Ganz von dieser Welt ist auch die Bedeutung des Hufeisens: Es symbolisiert die Kraft des Pferdes. Prangte es über dem Tor, so schützt es Haus und Hof. Drang dennoch ein Einbrecher ein, so sollte es ihm auf den Kopf fallen. Die Öffnung muss allerdings unbedingt nach oben zeigen. Damit das Glück nicht herausfällt.