Gerechtigkeit

Anspruch und Wirklichkeit der Selbstgerechten

Hand aufs Herz: Wie oft im Leben sind wir über alle Zweifel erhaben? Auch wenn uns selbst ein gutes Bauchgefühl leitet - können wir je wirklich wissen, was für andere gut und richtig ist? Dürfen wir darüber befinden und über die Köpfe anderer hinweg entscheiden? Sie bevormunden, ihnen sagen, wo es lang geht?

Die kleinen Diktatoren in den Internet-Foren

Dennoch haben einige - so scheint es zumindest - die Weisheit mit Löffeln gefressen. Sie nehmen sich das Recht heraus, ihre Standpunkte über die der anderen zu stellen. Ein Phänomen, auf das man sehr häufig im Internet trifft. Was steckt dahinter?

Wenn sich das subjektive Empfinden für Gerechtigkeit verselbständigt hat das meist mit übertriebener Selbstbezogenheit zu tun. Der Selbstgerechte macht sein eigenes Gefühl zum Maßstab aller Dinge. Er hat nicht die Fähigkeit, die Dinge aus der Sicht anderer zu betrachten. Er kann seinen eigenen Standpunkt nicht relativieren, sondern setzt ihn absolut. Er erhebt sich über andere und sonnt sich im trügerischen Gefühl, mehr Autorität zu besitzen als diese. Er glaubt, den anderen intellektuell und vor allem moralisch überlegen zu sein.

Recht und Selbstgerechtigkeit

Der Selbstgerechte will sich nicht hinterfragen lassen und entzieht sich jeder Kritik. Wird er angefeindet, so fordert er Respekt ein - den er selbst seiner Umwelt allerdings hartnäckig verweigert. Er ist rechtschaffen, er steht über dem Recht. Das der anderen tritt er dagegen gerne mit Füßen. Er allein weiß, was richtig oder falsch - ja, viel schlimmer noch: was gut und was böse ist. Nur er allein darf (ver)urteilen und richten.

Erleuchtet oder verblendet?

Der Selbstgerechte will Macht über andere gewinnen und verdeckt sein eigentliches Ansinnen oft nur dürftig mit dem Mäntelchen des Altruismus. Er zitiert gerne namhafte Autoritäten, beruft sich auf das "richtige" und "wahre" Empfinden oder - wie viele Esoteriker - auf angeblich uraltes Erfahrungswissen.

Doch letztendlich verstecken sich dahinter häufig nur unhaltbare Ideologien oder reine Glaubensfragen. Denn auch der Selbstgerechte kennt die "absolute Wahrheit" oder gar die Antworten auf die letzten Fragen ebenso wenig, wie ein Mensch sie eben kennen kann...