Politik & Wirtschaft

Boss Tweed, Thomas Nast

Korruption wird belohnt

Zeigt ein Kind das erwünschte Verhalten, lassen wir Konsequenzen folgen: Wir belohnen es. Handelt es gegen die Regeln, lassen wir ebenfalls Konsequenzen folgen: Strafe. Dabei wenden wir ein einfaches Prinzip der Lernpsychologie an. Dieses besagt:

Belohnungen verstärken einen Lernprozess positiv.

Korruption in Politik und Wirtschaft wird selten abgestraft. Ganz im Gegenteil. Korruption wird sogar häufig dadurch belohnt, dass der Tatbestand als Kavaliersdelikt behandelt wird. Die Akteure ziehen sich meistens elegant aus der Affäre. Sie bleiben in Amt und Würden. Sie erhalten weiterhin üppige Bezüge und den Zuspruch ihrer Klientel.

Andrea Appiani: Napoleon I. Bonaparte

Narzissmus, Macht und Illusion

In ihrem Buch „Die Fesseln der Liebe“ schreibt die Psychoanalytikerin Jessica Benjamin: „Niemand kann sich der Abhängigkeit von anderen oder dem Wunsch nach Anerkennung entziehen.“ Diplom-Psychologe Dr. Jürgen Wirth ergänzt in seinem Werk „Narzissmus und Macht“: „Die Anhäufung von noch so viel Macht kann das menschliche „Urbedürfnis“ nach Liebe und Anerkennung jedoch nicht ersetzen, sondern nur umformen und ausnutzen. Wer Macht hat, kann sich Liebe und Anerkennung erzwingen und erkaufen.“ Damit verschleiert er jedoch nur seine fundamentale Abhängigkeit.

Rhodes: The Rhodes Colossus

Der geheime Lebensplan (Alfred Adler)

Jeder Mensch entwirft nach Adler schon als Kind einen Lebensplan. Der bleibt vorerst „geheim“ - er ist nicht bewusst. Er verfolgt den Plan, weil er glaubt, dass sein Bedürfnis nach Anerkennung und Geltung befriedigt wird, wenn er die gesteckten Ziele erreicht.

Je ausgeprägter das Gefühl der Minderwertigkeit, desto zwanghafter wird der Plan abgearbeitet. Daraus ergibt sich eine Leitlinie. Sie manifestiert sich in bestimmten Glaubenssätzen.

Alfred Adler

Minderwertigkeit und Kompensation nach Alfred Adler

Der Arzt und Begründer der Individualpsychologie Alfred Adler war ein Zeitgenosse und zeitweiliger Wegbegleiter Sigmund Freuds. Er geht im Gegensatz zu Freud davon aus, dass dem menschlichen Verhalten nicht nur eine kausale Begründung zugrunde liegt, sondern auch eine finale.

Kausal bedeutet in diesem Zusammenhang: Die Ursache liegt in der Vergangenheit und hat Wirkung in die Gegenwart. Final: Das Handeln ist auf ein bestimmtes Ziel, einen bestimmten Zweck gerichtet und soll etwas bewirken. Man muss also Zweck und Ziel des Verhalten erforschen, wenn man es verstehen möchte.

Tabu

Politik: Offenheit und Transparenz schwächen das System

Die Rituale der Macht und das Herrschaftswissen unterlagen zu allen Zeiten einem Tabu. Auch heute zeigen die Mächtigen wenig Interesse an der Offenbarung ihrer Strategiespiele und Machttechniken. Schon deswegen, weil Transparenz immer das Risiko birgt, gewachsene Strukturen und das System zu gefährden. Die Medien tun ihr übriges dazu.

Sie prangern zwar Fehlentwicklungen an und fordern Kontrollmechanismen ein, beleuchten aber selten die Hintergründe, die zu Machtmissbrauch und Korruption führen. Sie bleiben vor allem nie lange an einer Sache dran, sondern treiben bald darauf schon eine neue Sau durchs Dorf.

Ernst Bloch

Kann Hoffnung enttäuscht werden?

Diese Frage stellte Ernst Bloch 1961 bei seiner Antrittsvorlesung in Tübingen. Seine Antwort:

"Und wie doch, gewiss, so etwas ist leicht zu haben. Kommt haufenweise vor, jedes Leben ist voll von Träumen, die nicht werden."

Trotz dieser zahlreichen Enttäuschungen glaubt Bloch an die Fähigkeit der Menschen, am "Prinzip Hoffnung" festzuhalten.

M. C. Escher

Die drei Dimensionen der Utopie

1. Zeit

Irgendwann entwickelte der Mensch ein Bewusstsein darüber, dass er Vergangenheit und Zukunft hat. Damit beginnt eine neue Zeitrechnung und eine neue Form der Kreativität: Sie geht über das Abbilden des Konkreten hinaus und schafft Neues, eine abstrakte Vorstellung von der Welt.

Thomas More: Utopia

Utopia: Geografie des sechsten Kontinents  

Eine Weltkarte, auf der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient nicht einmal einen flüchtigen Blick, denn ihr fehlt das Land, das die Menschheit seit jeher ansteuert.“ (Oscar Wilde)

Die Bezeichnung „Utopie“ geht auf Thomas Morus gleichnamige Erzählung zurück. Er verfasste das Werk in lateinischer Sprache und betitelte es mit „nusquama“, also „nirgendwo“ (griechisch: „oú topía“ = „an keinem Ort“).

Utopie

10 Regeln für Utopisten und solche, die es werden wollen

Utopien nach dem Motto „Ich verbessere die Welt und zwar sofort!“ bleiben meistens, was sie sind: eine Illusion. Es sei denn, der Heilsbringer findet eine Anhängerschaft, die seine narzisstischen Ideale gewaltsam umsetzt. Die Geschichte hat der Menschheit diesbezüglich einige schmerzhafte Lektionen erteilt. Dennoch - die Welt braucht Visionen.

Gott vom Flohmarkt

Wir haben den Übermenschen erschaffen

Den neuen Menschen erschaffen ist fast wie Spielen mit Legosteinen: Nimm ein bisschen DNA und bau sie neu zusammen. Auch Gott hatte keine Bedienungsanleitung, als er den Menschen schuf. Er begann sein Werk und machte prompt Fehler. Eva zum Beispiel. Eva infizierte die Welt mit ihrer Fehlerhaftigkeit. Gott fand trotzdem, dass es gut war. Nun sind wir dran. Die göttliche Moral ist gilt ja schon lange nichts mehr und das Risiko hält sich in Grenzen. Denn bisher war alles Leben, das der Mensch auf künstlichem Wege erschuf, nur von kurzer Dauer.