Politik & Wirtschaft

Kollegah und Farid Bang

Respekt: Problematische Vorbilder am Beispiel Rapperszene

In den Massenmedien ist die verbale Hemmschwelle nicht zuletzt dank Dieter Bohlen und ähnlich problematischen Vorbildern extrem niedrig. Um nicht zu sagen unterirdisch, also im Hinblick auf Respektlosigkeiten kaum noch zu unterbieten. Dieter Bohlen, diverse Comedians und TV-Größen wie Jan Böhmermann (Link zum Video: Erdoğan Schmähgedicht), sowie praktisch alle Protagonisten der Rapperszene haben sich den Tabubruch äußerst medienwirksam auf die Fahnen geschrieben. Das verbale Niveau ist inzwischen so weit gesunken, dass es Jugendlichen heute kaum noch gelingt, ihre Umwelt ernsthaft zu schockieren. Respektlose Sprache hat Kultfaktor. Respektlosigkeit wird von den Mainstream-Medien, aber vor allem auch im Internet mit Aufmerksamkeit belohnt.

Opfer

Wann ist Sprache respektlos?

Wann wird Sprache abwertend, beleidigend, diskriminierend, rassistisch etc.? Wann sind einzelne Worte respektlos und provozierend?

Es gibt keine allgemein gültigen Standards für das verbale Durchbrechen einer "verbotenen" Schallmauer. Ausdrücke, die bis vor kurzem noch als anstößig empfunden wurden, sind längst in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Sie erregen dann kaum noch Aufsehen. Ein Beispiel ist der Begriff "geil" für "toll", "gut" oder "cool". Eine Vokabel auf dem Scheideweg sozusagen. Entweder zum Aussterben verdammt oder reif für die Ablösung durch eine neue Variante. Mit Potenzial zur Provokation.

Coronalegenden

Jugendsprache - Gratwanderung zwischen Schlagfertigkeit und Respektlosigkeit

Die rhetorischen Vorlieben von Jugendlichen sprechen meist eine ziemlich deutliche Sprache. Jugendsprache provoziert und verstößt gegen die gerade geltenden Moralvorstellungen, Normen und Tabus. Und zwar mit Begeisterung. Die Wortwahl Jugendlicher ist sehr konkret und bildhaft, durchaus wertend und häufig ganz bewusst respektlos. Ein Beispiel ist das schöne Wort „Covidiot“ für Menschen bezeichnet, die sich nicht an Gesundheitsempfehlungen halten, die den Ernst der Coronakrise ignorieren, die die Gesundheit anderer in Gefahr bringen und die in großen Mengen hamstern. Der Begriff wurde sogar schon von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin behandelt, weil Strafanzeigen gegen die SPD-Politikerin Saskia Esken gestellt wurde wegen des Verdachts der Beleidigung.

Sprache und Bewusstsein

Bewusstseinsbildung und Sprache

Sprache bildet Bewusstsein. Im vorsprachlichen Bereich besitzt ein Kind noch keine Vorstellung von dem Begriff „Respekt“. Es empfindet aber Freude, Genuss, Schmerz und Leid. Die Sprache formt nach und nach das Denken und die Wirklichkeit. Erst wenn Kinder die Sprache beherrschen, können sie auch konkret Einfluss auf die Welt nehmen. Umgekehrt wird die Welt da draußen durch Sprache im Kopf präsent. Der Begriff „Tisch“ wird im Gehirn mit Eigenschaften wie Farbe, Größe, Material etc. verknüpft, aber auch mit Emotionen, Erfahrungen und Erinnerungen. Dem gemeinsamen Essen mit der Familie zum Beispiel.

Streit

Erziehung zum Respekt 

Wenn ein Kind respektlos behandelt wird, gedemütigt, in seinen Bedürfnissen und Lebensäußerungen nicht beachtet, nicht ernst genommen, gekränkt wird, seelisch immer wieder verletzt wird, kann es keine Ich-Stärke entwickeln. Es wird bald versuchen, andere zu dominieren. Es wird sich aufwerten, indem es andere abwertet. Es wird sich anderen Gegenüber ebenso respektlos verhalten, wie es selbst respektlos behandelt wurde.

Comicsprache

Respekt und Kommunikation

Respekt – und Respektlosigkeit – können sich im nichtsprachlichen und im sprachlichen Bereich äußern. Zum Beispiel wenn Anerkennung im Sinne von Lob oder Bewunderung in Worte gefasst wird. Respekt in Reinform zeig sich nicht nur in der gesprochenen Sprache sondern auch in der Art und Weise, wie ich mit anderen kommuniziere. Ich zeige Respekt zum Beispiel, indem ich einem anderen Menschen aktiv zuhöre und Fragen stelle – aus echtem Interesse.

Respekt

Respekt!

Respekt ist abgeleitet vom lateinischen „respectio“. Das bedeutet in etwa „Rückschau, Einschätzung, Betrachtung“. Gemeint ist, dass wir einer Person, einem Lebewesen oder der Natur Achtung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung entgegenbringen. Auch Höflichkeit, Fairness und Anerkennung, Toleranz und Rücksichtnahme sind Ausdrucksformen einer respektvollen Haltung.

Österreichischer Präventionskongress 2020

Respekt. Unser gemeinsamer Beitrag für eine verbindende Zukunft.

Österreichischer Präventionskongress 2020 - 16. bis 19. November 2020 (Online-Kongress)

Wasser

Corona und die Ärmsten der Armen

Kein Wasser – keine Hygiene

Der Wasserverbrauch weltweit pro Jahr liegt bei etwas über 4 000 000 000 000 000 Liter. Die Grenze der nachhaltigen Nutzung überschreiten wir regelmäßig Anfang August. Im Jahr 2020 vermutlich etwas später, weil mit der Corona-Pandemie die Produktion weltweit einbrach.

7 800 000 000 Menschen zählt die Welt derzeit. Es sollte also genug für alle da sein. Rein rechnerisch stehen jedem gut 500 Kubikmeter zu. Leider ist es faktisch etwas komplizierter.

Götterdämmerung

Liebe, Macht, Verblendung – die Götterdämmerung

Richard Wagner verfasste mit dem Ring des Nibelungen eine psychologische Parabel auf die Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung. Hauptdarsteller Alberich sucht die Liebe vergeblich. Er versucht schließlich, sie durch Macht zu kompensieren. Alberich verfällt am Ende der Sucht nach Allmacht, die selbst über Leichen geht. Dieses Gleichnis hat bis heute nichts an Gültigkeit eingebüßt.

nichts sehen, nichts hoeren, nichts sagen

Abwehrmechanismen der Macht: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf

Dem Streben nach politischer Karriere liegt allzu oft ein konkretes Motiv zugrunde: Das Bedürfnis, mächtig und wichtig zu sein. Der Wunsch nach Anerkennung wird kaschiert durch eine politische Mission, zum Beispiel das Kämpfen für „soziale Gerechtigkeit“, „Umweltschutz“ etc. Unbewusst sind schon mehrere Abwehrmechanismen aktiv. Es entstehen „blinde Flecken“.

Daumier gargantua

Die Herrschaft der Medien und der Wirklichkeitsverlust

Schon zu Beginn des neuen Jahrtausends prangerte der politische Journalist Jürgen Leinemann († 2013) die Massenmedien an. Das war lange, bevor das Internet seinen Siegeszug antrat. Er kritisierte damals, dass Medien die Tendenz der kollektiven Derealisation verstärkten: Wir entfernen uns immer weiter von der Wirklichkeit, statt uns der Realität anzunähern. In seinem Buch „Höhenrausch“ schreibt Leinemann, die „Mediokratie“ erschaffe durch mediale Inszenierung Ersatzwirklichkeiten. In diesen virtuellen Räumen können die Polit-Profis ihr Ego aufblähen und ihre faktische Ohnmacht kompensieren.

Boss Tweed, Thomas Nast

Korruption wird belohnt

Zeigt ein Kind das erwünschte Verhalten, lassen wir Konsequenzen folgen: Wir belohnen es. Handelt es gegen die Regeln, lassen wir ebenfalls Konsequenzen folgen: Strafe. Dabei wenden wir ein einfaches Prinzip der Lernpsychologie an. Dieses besagt:

Belohnungen verstärken einen Lernprozess positiv.

Korruption in Politik und Wirtschaft wird selten abgestraft. Ganz im Gegenteil. Korruption wird sogar häufig dadurch belohnt, dass der Tatbestand als Kavaliersdelikt behandelt wird. Die Akteure ziehen sich meistens elegant aus der Affäre. Sie bleiben in Amt und Würden. Sie erhalten weiterhin üppige Bezüge und den Zuspruch ihrer Klientel.

Andrea Appiani: Napoleon I. Bonaparte

Narzissmus, Macht und Illusion

In ihrem Buch „Die Fesseln der Liebe“ schreibt die Psychoanalytikerin Jessica Benjamin: „Niemand kann sich der Abhängigkeit von anderen oder dem Wunsch nach Anerkennung entziehen.“ Diplom-Psychologe Dr. Jürgen Wirth ergänzt in seinem Werk „Narzissmus und Macht“: „Die Anhäufung von noch so viel Macht kann das menschliche „Urbedürfnis“ nach Liebe und Anerkennung jedoch nicht ersetzen, sondern nur umformen und ausnutzen. Wer Macht hat, kann sich Liebe und Anerkennung erzwingen und erkaufen.“ Damit verschleiert er jedoch nur seine fundamentale Abhängigkeit.

Rhodes: The Rhodes Colossus

Der geheime Lebensplan (Alfred Adler)

Jeder Mensch entwirft nach Adler schon als Kind einen Lebensplan. Der bleibt vorerst „geheim“ - er ist nicht bewusst. Er verfolgt den Plan, weil er glaubt, dass sein Bedürfnis nach Anerkennung und Geltung befriedigt wird, wenn er die gesteckten Ziele erreicht.

Je ausgeprägter das Gefühl der Minderwertigkeit, desto zwanghafter wird der Plan abgearbeitet. Daraus ergibt sich eine Leitlinie. Sie manifestiert sich in bestimmten Glaubenssätzen.

Alfred Adler

Minderwertigkeit und Kompensation nach Alfred Adler

Der Arzt und Begründer der Individualpsychologie Alfred Adler war ein Zeitgenosse und zeitweiliger Wegbegleiter Sigmund Freuds. Er geht im Gegensatz zu Freud davon aus, dass dem menschlichen Verhalten nicht nur eine kausale Begründung zugrunde liegt, sondern auch eine finale.

Kausal bedeutet in diesem Zusammenhang: Die Ursache liegt in der Vergangenheit und hat Wirkung in die Gegenwart. Final: Das Handeln ist auf ein bestimmtes Ziel, einen bestimmten Zweck gerichtet und soll etwas bewirken. Man muss also Zweck und Ziel des Verhalten erforschen, wenn man es verstehen möchte.

Tabu

Politik: Offenheit und Transparenz schwächen das System

Die Rituale der Macht und das Herrschaftswissen unterlagen zu allen Zeiten einem Tabu. Auch heute zeigen die Mächtigen wenig Interesse an der Offenbarung ihrer Strategiespiele und Machttechniken. Schon deswegen, weil Transparenz immer das Risiko birgt, gewachsene Strukturen und das System zu gefährden. Die Medien tun ihr übriges dazu.

Sie prangern zwar Fehlentwicklungen an und fordern Kontrollmechanismen ein, beleuchten aber selten die Hintergründe, die zu Machtmissbrauch und Korruption führen. Sie bleiben vor allem nie lange an einer Sache dran, sondern treiben bald darauf schon eine neue Sau durchs Dorf.

Ernst Bloch

Kann Hoffnung enttäuscht werden?

Diese Frage stellte Ernst Bloch 1961 bei seiner Antrittsvorlesung in Tübingen. Seine Antwort:

"Und wie doch, gewiss, so etwas ist leicht zu haben. Kommt haufenweise vor, jedes Leben ist voll von Träumen, die nicht werden."

Trotz dieser zahlreichen Enttäuschungen glaubt Bloch an die Fähigkeit der Menschen, am "Prinzip Hoffnung" festzuhalten.

M. C. Escher

Die drei Dimensionen der Utopie

1. Zeit

Irgendwann entwickelte der Mensch ein Bewusstsein darüber, dass er Vergangenheit und Zukunft hat. Damit beginnt eine neue Zeitrechnung und eine neue Form der Kreativität: Sie geht über das Abbilden des Konkreten hinaus und schafft Neues, eine abstrakte Vorstellung von der Welt.

Thomas More: Utopia

Utopia: Geografie des sechsten Kontinents  

Eine Weltkarte, auf der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient nicht einmal einen flüchtigen Blick, denn ihr fehlt das Land, das die Menschheit seit jeher ansteuert.“ (Oscar Wilde)

Die Bezeichnung „Utopie“ geht auf Thomas Morus gleichnamige Erzählung zurück. Er verfasste das Werk in lateinischer Sprache und betitelte es mit „nusquama“, also „nirgendwo“ (griechisch: „oú topía“ = „an keinem Ort“).

Utopie

10 Regeln für Utopisten und solche, die es werden wollen

Utopien nach dem Motto „Ich verbessere die Welt und zwar sofort!“ bleiben meistens, was sie sind: eine Illusion. Es sei denn, der Heilsbringer findet eine Anhängerschaft, die seine narzisstischen Ideale gewaltsam umsetzt. Die Geschichte hat der Menschheit diesbezüglich einige schmerzhafte Lektionen erteilt. Dennoch - die Welt braucht Visionen.

Gott vom Flohmarkt

Wir haben den Übermenschen erschaffen

Den neuen Menschen erschaffen ist fast wie Spielen mit Legosteinen: Nimm ein bisschen DNA und bau sie neu zusammen. Auch Gott hatte keine Bedienungsanleitung, als er den Menschen schuf. Er begann sein Werk und machte prompt Fehler. Eva zum Beispiel. Eva infizierte die Welt mit ihrer Fehlerhaftigkeit. Gott fand trotzdem, dass es gut war. Nun sind wir dran. Die göttliche Moral ist gilt ja schon lange nichts mehr und das Risiko hält sich in Grenzen. Denn bisher war alles Leben, das der Mensch auf künstlichem Wege erschuf, nur von kurzer Dauer.