Fränkische Sprache für Anfänger
Der Franke ist von Natur aus komprimiert, seine Sprache ist prägnant und kompakt. Er reduziert den gesprochenen Text auf das Wesentliche ein wie die Soß' zum Kloß. Der Bayer schwadroniert wortreich herum, nur um zu sagen, dass er dir nicht ganz folgen kann. Der Franke kommentiert die Situation lapidar mit: „Su a Gschmarri!“ (So ein Blödsinn!). Das ist nicht etwa grob beleidigend gemeint, wie der unbedarfte Zugereiste in seiner Unkenntnis der fränkischen Wesensart leicht annehmen könnte. Es ist lediglich eine präzise Feststellung offensichtlicher Tatsachen.
Der ideologische Unterbau der fränkischen Sprache
Da ist der Franke staubtrocken. Er verfällt angesichts eines wirklich tragischen Ereignisses nicht in hysterisches Gezeter, sondern quittiert jede noch so fatale Situation schlicht mit einem stoischen „bled gloffn!“ (blöd gelaufen). Er bricht auch nicht in einen enthusiastischen Freudentaumel aus, wenn er im Lotto gewinnt. Drei Millionen? Bassd scho! Letzteres ist gewissermaßen der Inbegriff seiner allgegenwärtigen philosophischen Skepsis. Dem Leben gegenüber. Im Allgemeinen, überhaupt, insbesondere und generell. Drei Millionen sind eben a ned verkäiard (nicht verkehrt).
Der ideologische Unterbau ist eminent wichtig für das Verständnis des Klangbildes: Immer etwas grantig, mumpfelig und barsch. Auf gar keinen Fall aber auch nur ein ganz kleines bisschen zu positiv oder am Ende vielleicht sogar euphorisch.
Fränkisch, praktisch, gut
Komplizierte verbale Verrenkungen sind nicht seine Welt. Der rheinländische Dienstleister würde sich für einen überfälligen Termin in landestypisch sinnfreier Umständlichkeit folgendermaßen entschuldigen: „Das habe ich gestern schon getan haben wollen.“ Der Franke wird Ihnen auf eine entsprechende Nachfrage nur mit einem verständnislosen „Hä?“ begegnen.
Termine? Vage Orientierungshilfen. Im Zweifelsfall: „Glei.“ Gleich. Bedeutet in etwa: Heute, morgen oder in einer Woche. Ist aber aus fränkischer Sicht eine präzise Ansage. Eine verbindliche Zusage. Gleichzeitig Ausdruck überaus gewählter Umgangsformen.
Verein zur Rettung von dem Genetiv
Die Franken selbst sind mächtig stolz auf ihren Dialekt. Warum auch immer. Vielleicht weil sie so viele davon haben? Es ist nämlich immer das gleiche mit den Franken: Sie sind sich untereinander über gar nichts einig. Selbst bei der Sprache gibt es unüberbrückbare Differenzen. Die einzige Gemeinsamkeit besteht allenfalls darin, dass alle Franken Mitglied im Verein zur Rettung von dem Genetiv sind. Ansonsten macht jede Region ihr eigenes Ding. Deswegen hat auch jedes Kafferndorf seinen eigenen Dialekt. Sogar in der Nürnberger Nordstadt wird anders gesprochen als im Süden. Und in Fürth sowieso.
Die Nürnberger sind Oberpfälzer!
Aus dem Madla (Mädchen) wird schon zwei Kilometer weiter ein Madle. Oder ein Madli. Da ist der Franke eigen. Dem Zugereisten erschließt sich die Logik nicht. Das ist gewollt. Schließlich haben ihnen die bösen Bayern damals die Freiheit genommen. Deswegen ist der Franke bis heute arg misstrauisch gegenüber potenziellen Übergriffen. Und sei es nur verbal. Wegnehmen lässt er sich jedenfalls nix mehr.
Einen Identitäts-Diebstahl unerhörten Ausmaßes beging jüngst auch die Universität Erlangen-Nürnberg. Der Dialektforscher Alexander Mang stellte nämlich fest: "Wenn man sich den Nürnberger Dialekt genau anschaut, kann man ungefähr genauso viele fränkische wie oberpfälzische Merkmale ausmachen". Die Nürnberger sind also demnach mindestens halbe Oberpfälzer. Tja, liebe Franken - bled gloffn!