Krieg

Geschichte, Theorie und Wahrheit

Geschichte prägt Kultur. Sie beeinflusst das Kollektiv, aber auch jeden Einzelnen von uns. Historische Fakten, seien sie auch wissenschaftlichen fundiert, sind jedoch nur unzulängliche Abbilder der Wirklichkeit. Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Kriege und der Gewalt. Sie ist aber auch eine Geschichte der Bewusstwerdung und der geistigen Evolution. Je nachdem, welche Perspektive wir einnehmen. Tatsächlich ist beides wahr: Immer mehr Menschen kamen in den Genuss politischer Rechte. Auch wenn sich diese Entwicklungen manchmal über Jahrhunderte erstreckten und mitunter recht grausam vonstatten gingen.

Das Dilemma der Geschichtsschreibung besteht darin, dass wir das Einfache bevorzugen und das Geschriebene gerne für wahr nehmen. Es nistet sich in unseren Gehirnwindungen ein, je öfter wir es lesen oder in einem anderem Kontext bestätigt finden. Doch Wahrheiten sind immer relativ.

Sie werden nicht etwa wahrhaftiger dadurch, dass einer sie vom anderen abschreibt. Die Bewertung historischer Ereignisse kann individuelle vollkommen unterschiedlich ausfallen. Je nach Standpunkt des Betrachters und seinem kulturellen Bezug und Wertesystem.

Ein Geschichtsschreiber der arabischen Welt wird die Kreuzzüge ganz sicher anders darstellen, als ein christlich-abendländisch geprägter Historiker. Ein Syrer hat gewiss einen anderen Standpunkt zur Geschichte seiner Heimat als ein US-Staatsbürger fernab der Geschehnisse. Selbst dann, wenn beide sich um Objektivität bemühen.

Aber auch ein und derselbe Mensch ändert seine Standpunkte im Laufe des Lebens: Bereichert durch Wissen, Erfahrung und Einsicht reflektiert beispielsweise der 34-jährige Barack Obama in seiner Biografie seine Sichtweisen als 20-Jähriger:

Meine Ansichten kleidete ich in Theorien, die ich irgendwo gelesen hatte, in der irrigen Annahme, sie könnten allein dadurch als einigermaßen bewiesen gelten. Doch wenn ich nachts im Bett lag, entglitten mir die Theorien, wurden ersetzt durch romantische Bilder einer Vergangenheit, die nicht die meine war.“