So geht der Narziss mit Fehlern um
Wozu machen wir eigentlich so merkwürdige Dinge wie Selbstdarstellung und Imagepflege? Nun, wir sammeln damit Pluspunkte bei anderen. Das tut uns eben einfach gut. In dem Maße, indem uns andere mögen, steigen nämlich auch die Chancen, dass unsere Bedürfnisse befriedigt werden. So weit, so gut.
Leider sind die Strategien des Narzissten dabei allzu durchsichtig und nicht besonders nachhaltig. Was, wie schon gesagt, vor allem daran liegt, dass sein Repertoire an sozialen Verhaltensmustern ziemlich rudimentär ist. Und weil er sich generell für klüger hält, als alle anderen, vor allem aber für klüger, als er tatsächlich ist. Man würde ihm daher durchaus manchmal etwas mehr Raffinesse in der Ausführung seiner Finten wünschen. Schon, weil es dann für alle anderen unterhaltsamer wäre.
Der Narziss sammelt Pluspunkte...
Auch der Narziss sammelt leidenschaftlich. Neben Symbolen, Trophäen und Minuspunkten für die anderen sammelt er vor allem Pluspunkte für sich selbst. Jede seiner scheinbar noch so unschuldigen Aktionen ist im Grunde lediglich ein Kreditantrag auf noch mehr Pluspunkte. Das Sammeln von Pluspunkten ist sozusagen sein Lebensinhalt. Weil all sein Sinnen und Trachten nur einem übergeordneten Ziel dient: seiner eigenen Bedürfnisbefriedigung. Deswegen achtet er immer darauf, dass sein Konto gut mit Payback-Punkten gefüllt ist. Diese Punkte kann man nämlich bei Bedarf einlösen. Im Gegenzug erhält man dafür Dinge, die der eigenen Bedürfnisbefriedigung dienen.
...und Minuspunkte für die anderen
Auf diesem Konto wird auch das berauschende Gefühl des Neids und der Missgunst in den Augen der anderen verbucht. Außerdem scannt der Narziss jede neue Bekanntschaft akribisch daraufhin, ob er sie im Hinblick auf seinen Punktestand zu seinem Vorteil nutzen kann. Die entscheidende Frage lautet also: Wie viele Punkte bringt er oder sie ein?
Viele? Dann wird er oder sie in den Kreis der Freunde aufgenommen und es stellt sich die nächste wichtige Frage: Wie kann ich mir diese Person verpflichten? Daher sammelt er im Geiste schon einmal vorsorglich Schuldscheine mit Minuspunkten für alle Mitmenschen, die ins seinen näheren Dunstkreis gelangen. Für den Tag der Abrechnung.