Flammarion

Esoteriker, Verschwörungstheoretiker und sonstige Narzissten

Esoteriker haben nichts weniger als "eine kosmische Mission auf Erden“ zu erfüllen. Nach eigenem Bekunden. Das ist eben nun einmal, bei aller Bescheidenheit, ihre Berufung: Sie sind schlicht auserwählt. Eine Art Licht- oder Engelwesen, Evolutions-Agenten. Bereits in ein höheres Bewusstsein erwacht als der Rest der Menschheit. Denn die anderen, das sind nur Schlafschafe. Die unerweckt in träumerischer Dunkelheit vor sich hindämmern. Erwählt wurden die spirituell überlegenen übrigens von einer wie auch immer gearteten kosmischen Entität. Gott? Außeriridische? QAnon? Näheres ist nicht bekannt. Und je nach Gruppierung beliebieg austauschbar. Daher ist diese ominöse Entität auch eine grandiose Projektionsfläche für jede ganz individuelle Heilsvorstellung.

Auserwählt

Die Erwachten werden jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit zu den 144.000 Auserwählten gehören. Denen, die dereinst, kurz vor dem endgültigen Untergang der Erde, gerettet werden. Von einer in Kreuzformation heran eilenden Flotte von Raumschiffen der Santiner vom Planeten Alpha Zentauri. Die Errettung ist nur wenigen handverlesenen Menschen vorbehalten. Insbesondere natürlich jenen, die als Lichtwesen die Evolution voran gebracht haben. Nur sie verdienen es, weiter zu existieren. Die Santiner-Theorie geistert schon seit jeher in der Esoterik-Szene herum. Einer Szene übrigens, in der sich Berufene und Auserwählte außerordentlich gerne tummeln. Weil ihre absonderlichen Botschaften dort auf goldenen Boden fallen.

Alle anderen Erdenbürger sind dann dem sicheren Untergang geweiht. Das ist bedauerlich, interessiert aber niemanden wirklich, weil sie ohnehin viel zu unbedeutend sind. Nur wirklich grandiose Biografien kommen in den Genuss der Anwartschaft auf Teilhabe am Weltkulturerbe

Der große Plan

Diese kosmische Entität hat einen großen Plan. Sie entwirft so eine Art Drehbuch für das Erdendasein der wenigen Auserwählten. Dieses Drehbuch hat die Tendenz, sich während der gesamten Lebensspanne des Auserwählten immer weiter zu verdichten. So erscheint es ihm jedenfalls. Und das alleine ist doch wohl schon Grund genug dafür, sein Leben und Wirken mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu betrachten.

Merkwürdigerweise besteht die Funktion und Daseinsberechtigung dieser kosmischen Entität im Gedankengebäude des Auserwählten lediglich darin, ihm selbst zu der Bedeutung zu verhelfen, die ihm naturgemäß zusteht. Es wäre jetzt wirklich sophistisch, kleinlich und unverzeihlich engstirnig, zu erwähnen, dass wir uns hier in einem grandiosen Zirkelschluss bewegen. Der Irrglaube, die Kräfte aus dem Unbewussten beherrschen zu können oder gar besiegt zu haben, hat ganz nach der Individuations-Theroie von Carl Gustav Jung dazu geführt, dass sie sich selbst hypnotisiert und in einem Archetyp verloren haben.

Ein sehr interessanter Beitrag zum Thema: "Corona: Esoterik als Türöffner für Verschwörungstheorien"

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