Don Quijote and Sancho PanzaDer Narziss und seine Ich-Erweiterungen

Der Narziss ist besonders und so hat man ihn gefälligst auch zu behandeln. Damit diese bevorzugte Behandlung stets gewährleistet ist, umgibt er sich mit Menschen, die ihm absolut treu ergeben sind, seinen Ich-Erweiterungen. Er benötigt dafür eine ganze Schar persönlicher Lakaien, die ihm den Popo hinterher tragen und ihn auch ansonsten von den lästigen Bürden des Alltags befreien. Der Narziss besitzt einen überaus sicheren Instinkt dafür, diese Menschen unter Hunderttausenden aufzuspüren. Zu Beispiel in Form eines Butlers oder einer persönlichen Assistentin. Zur Not tut es auch ein williger und gefügiger Ehepartner. Denn ohne seine Ich-Erweiterungen ist der Narziss ein...

...Nichts

Wer den Narziss ein bisschen besser kennt, wird irgendwann eigentümlich berührt feststellen, dass er ihn nicht wirklich kennt. Und vermutlich auch niemals wirklich kennen wird. Weil es da nichts zu kennen gibt. Außerdem will der Narziss gar nicht gekannt werden. Jemanden besser zu kennen geht nämlich mit so grässlichen Dingen wie Nähe einher.

Es gibt kaum einen besseren Small Talker als den Narzissten. Er plaudert gerne, bleibt dabei aber immer unverbindlich. Er erzählt mit Vorliebe Witze und Anekdoten. Der Narziss liebt es, über andere zu tratschen, gibt aber dabei so rein gar nichts von sich selbst Preis. Das hat einen einfachen Grund: Es gibt nichts zu erzählen. Aber eben auch wirklich rein gar nichts.
Der Narziss hat eine schillernde Hülle. Er ist so eine Art Quantenzyklotron - ein künstliches Atom ohne Kern. Künstlich, weil er seine schillernde Fassade sozusagen aus dem Nichts selbst erschaffen hat.

Das macht den Narziss letztlich zu einer tragischen Figur im Drama des wirklichen Lebens. Zu einem Münchhausen, der sich selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht. Oder einem Don Quichotte, der gegen eingebildete Feinde kämpft – die Windmühlenflügel. Dazu gehört aber natürlich auch ein Sancho Panza an seiner Seite, der ihm treu ergeben überallhin folgt. Seine Ich-Erweiterung, der Co-Narziss. Es könnte aber ebenso gut ein Taschenhündchen sein.